Am 11. April 2022 hat der ASPV bereits orientiert, dass die Anhörungsvorlage „Sicherung der beruflichen Vorsorge“ gestartet ist. Ziel der Regierung und der Aargauischen Pensionskasse (APK) ist es, endlich die seit Jahren bestehenden Probleme im Bereich der beruflichen Vorsorge anzugehen.
In Zusammenarbeit mit den anderen Personalverbänden wurde auf Stufe KASPV (Konferenz der Aargauischen Staatspersonalverbänden) eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, welche die Vorlage kritisch geprüft hat. Der ASPV war ebenfalls Teil dieser Arbeitsgruppe. Die Stellungnahme zu dieser Prüfung wurde in einer Medienmitteilung von der KASPV am 3. Juni 2022 publiziert und ist untenstehend in voller Länge abgedruckt.
Der ASPV hat selbst auch an der Anhörung teilgenommen, um der Wichtigkeit dieser Anhörung Rechnung zu tragen. Zu lange wurden die Probleme im Bereich der Sicherung der beruflichen Vorsorge seitens der Regierung, aber auch seitens der APK vor sich hingeschoben. Nun ist es höchste Zeit zu handeln. Das Ziel muss sein, dass für alle versicherten Alterskategorien ein Leistungsziel von mindestens 60 % gilt und dass der Kanton Aargau als Arbeitgeber, der sich bisher nicht an Abfederungsmassnahmen beteiligt hat, nun und in Zukunft Verantwortung übernimmt.
KASPV: Stellungnahme zur Vorlage «Sicherung berufliche Vorsorge»
Grundsätzlich begrüsst die KASPV, dass der Kanton Abfederungsmassnahmen zur Kompensation der erneuten Senkung des Umwandlungssatzes (Leistungsziel 60% gemäss Bundesverfassung) ergreift. Dennoch stellen sich Fragen und es müssen klare Vorbehalte angebracht werden. Als zusätzliche Massnahme beantragt die KASPV, dass die bisherige Eintrittsschwelle halbiert wird.
Es ist für die KASPV nicht nachvollziehbar, warum die Einmaleinlage erst ab Alter 50+ erfolgen soll. Bei vielen Arbeitnehmenden im Alter 40+ befinden sich Kinder in Ausbildung – eine durch die Arbeitnehmerin eigenständig zu vollziehende Abfederung in diesem Alterssegment ist oft finanziell nicht zusätzlich tragbar. Die KASPV fordert daher den Regierungsrat auf, in der Botschaft sowohl Berechnungen unter zusätzlicher Begünstigung der Alterskategorien 40+ und 45+, als auch Berechnungen mit höheren prozentualen Beträgen aufzuführen.
Die Schaffung verschiedener Rentnerkohorten, die mit stark divergierenden Umwandlungssätzen verabschiedet worden sind, durchkreuzt verfassungsrelevante Gleichbehandlungsgebote. Ferner ist für Arbeitnehmende im Alter 60+ die Erreichung des Rentenzieles von 60 % des AHV-Lohnes – auch bei 100%iger Beschäftigung – ausserordentlich schwierig. Die knappe Zeit verlangt hier nach mehr Mitteln.
Für die KASPV ist zudem wichtig festzuhalten, dass es aktuell mehr denn je ein klares Bekenntnis der Arbeitgeberschaft ihrer Wertschätzung gegenüber den Rentner:innen braucht: Versäumtes ist nachzuholen und eine Zusicherung abzugeben, dass die Rentner:innen und die APK auch Zeiten steigender Inflationsraten gut überstehen werden.
Zum Leistungsniveau
Grundsätzlich unterstützt die KASPV die Abfederungsmassnahmen. Die APK – und damit auch der Kanton – weichen jedoch mit dem neuen planmässigen Leistungsniveau insbesondere vom seinerzeitigen, beim Systemwechsel abgegebenen „Versprechen“ bezüglich Leistungsniveau ab. Daher erscheint es uns wichtig, dass der Arbeitgeber einen signifikanten Beitrag zur Abfederung leistet. Erste und zweite Säule müssen nach Ansicht der KASPV nach wie vor den Lebensstandard nach der Pensionierung gewährleisten. Das planmässige Leistungsniveau von 60%, bezogen auf den AHV- versicherten Lohn, bedeutet ein Minimum, das auf keinen Fall unterschritten werden darf.
Das Beitragsprimat führt nicht zwangsläufig zu schlechteren Ergebnissen. Im unserem Fall jedoch sind die Altersguthaben seit 2009 nicht annähernd risikogerecht verzinst worden. Das im Anhörungsbericht angesprochene Sanierungskonzept hat die Aktivversicherten einseitig zu Leistungen, sogenannte Minderverzinsungen, gezwungen. Dies führte dazu, dass die Renten der über 60- jährigen trotz per 31.12.2007 volleingezahlten Altersguthaben, trotz 100%er Tätigkeit, trotz leicht gestiegenen Löhnen, trotz Verlängerung der Lebensarbeitszeit, signifikant unter den prospektiven Renten beim Primatwechsel bleiben. Die Minderverzinsung hat primär die Fehlfinanzierung der beim Primatwechsel falsch bewerteten Altersrisiken ausgeglichen. Der technische Zinssatz für die Rentenfinanzierung von 3,5 % hat sich als zu hoch erwiesen und ist mittlerweile auf 2,25 % gesenkt worden. Weitere Rückstellungen zeigen, dass diese Massnahme noch weitergeführt wird.
Zu den Massnahmen zur Sicherung des Leistungsniveaus
Eine stärkere Belastung der Arbeitnehmenden durch Senkung der Nettolöhne kommt für die KASPV nicht in Frage. Die höhere Belastung durch die Pensionskassenbeiträge muss durch eine Erhöhung der Löhne kompensiert werden. Die 2017 verfügte Senkung des Umwandlungssatzes von 5.9 auf 5.3% wurde zwar von der APK aus deren Reserven zu 50% abgefedert, der Arbeitgeber Kanton hat sich jedoch an dieser Abfederung nicht beteiligt.
Die KASPV hält fest: «Der Kanton verfügt aktuell über den finanziellen Spielraum, um Abfederungsmassnahmen und die notwendige Lohnerhöhung zu finanzieren. Arbeitnehmende hingegen, besonders in tieferen Einkommenskategorien und/oder mit Kindern in Ausbildung, können häufig schlicht keine zusätzlichen Abzüge verkraften, wollen sie nicht bereits während der Phase der beruflichen Tätigkeit starke finanzielle Einschnitte erleben. Auf eine stärkere Belastung der Arbeitnehmenden ist somit grundsätzlich zu verzichten.»
Zum Koordinationsabzug
Eine Senkung des Koordinationsabzugs wird aus den in der Vernehmlassungsvorlage erwähnten Gründen unterstützt. Gerade Teilzeit arbeitende Arbeitnehmerinnen in tieferen Lohnkategorien profitieren davon. Auch bei dieser Massnahme soll eine generelle Lohnerhöhung dazu führen, dass die netto ausbezahlten Löhne nicht sinken.
Zur geplanten Einmaleinlage
Die KASPV kann sich zwar mit dem vorgeschlagenen Vorgehen im Grundsatz einverstanden erklären, verlangt jedoch, dass in der zu erstellenden Botschaft zuhanden des Grossen Rates zusätzliche Varianten mit den entsprechenden finanziellen Folgen vorgelegt werden:
– Erhöhung der Einmaleinlage auf 2.5% ab 50+, Berechnung derselben ab Alter 40+ und 45+
– Zusätzliche Berechnung resp. Varianten mit Einmaleinlage von 1.25% ab Alter 40+ und 45+
Es ist nicht abschliessend nachvollziehbar dargelegt worden, warum der „Schnitt“ exakt bei 50 Jahren erfolgen muss und wieso die Einmaleinlage des Arbeitgebers bei lediglich 1.25% liegen soll. Die Qualität eines Arbeitgebers misst sich nicht bloss an der Lohnzahlung resp. der ausbezahlten jährlichen Lohnsumme an den Arbeitnehmer, sondern in einem Sozialstaat neben vielen anderen Dingen auch an der Behandlung der aktuellen und zukünftigen Renter:innen. Eine „Regeländerung im laufenden Spiel“ darf selbst in Extremsituationen nur dann zu Benachteiligungen führen, wenn diese nicht noch mit milderen Mitteln hätten verhindert werden können.
Für die KASPV ist klar: «Tiefere Renten stellen objektiv eine Benachteiligung resp. Verschlechterung dar. Und eine Extremsituation, die eine solche Massnahme rechtfertigen würde, ist für uns aktuell nicht erkennbar. Dass eine Benachteiligung der künftigen Renter:innen verhindert werden kann, liegt auf der Hand: durch einen erhöhten Mitteleinsatz zur Abfederung der geplanten Abweichung einer faktischen Zusicherung sprich dem beim seinerzeitigen Systemwechsel abgegebenen Versprechen einer 65%igen Leistung.»
Der Staat verhält sich bisher in vielen anderen Rechtsbereichen so, dass er entweder für einen tatsächlichen Ausgleich sorgt oder eine am wenigsten eingreifende Variante umsetzt. Dieses Prinzip -und das daraus gewachsene Vertrauen in den Staat – sollte er auch bei der 2. Säule hochhalten und nicht aus politischen Gründen beschädigen.
Zur Festlegung der Eckwerte zur Behebung einer Unterdeckung
Es ist für die KASPV wichtig festzuhalten, dass der Vorstand der APK in seiner Absicht bestärkt wird, dass die Sanierung der Pensionskasse bei Unterdeckung nicht nur wie bisher durch die Arbeitnehmenden in Form von Minderverzinsungen der Sparkapitalien vorgenommen wird, sondern ebenfalls durch Beiträge der Arbeitgeber.
Zu den Todesfall- und Invalidenleistungen
Die KASPV ist mit den vorgeschlagenen Massnahmen nur dann einverstanden, wenn ausgeschlossen werden kann, dass dadurch keine Schlechterstellung im Einzelfall eintreten kann. Grundsätzlich wird begrüsst, dass die stossende Praxis der Zurückbehaltung von Todesfallgeldern der Vergangenheit angehört.
Zur Organstellung der Delegiertenversammlung sowie zum Wahlverfahren der Arbeitnehmendenvertreterinnen und -vertreter
Für die KASPV ist nicht ganz klar, wieso im Rahmen dieser Revision die Delegiertenversammlung abgeschafft werden muss. Es ist nicht davon auszugehen, dass durch das geplante Vorgehen die APK insgesamt gestärkt wird. Zudem ist für die KASPV nicht klar, wie die künftige Wahl des Vorstandes erfolgen soll – ob ein Einladungs- und hernach jeweils ein Wahlverfahren unter 25‘000 Versicherten eine Vereinfachung darstellt, wagen wir aktuell noch zu bezweifeln. Damit ein abschliessendes Urteil möglich ist, müsste der vom Vorstand geplante Prozess für die Wahl der Arbeitnehmenden-Vorstandsmitglieder vorgängig bekannt sein.